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Deutschland und seine EU Präsidentschaft: von Prag gesehen

Deutsche Seiten, 1. 7. 2020

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Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für die Einladung zu der heutigen wichtigen und zu diesem Datum passenden Veranstaltung. Es ist für mich eine Ehre hier eine Rede zu halten. In der Nähe, auf der Aussichtsrampe am Brandenburger Tor, war ich im Jahre1964 und konnte von dorther zum ersten Mal in meinem Leben West-Berlin sehen. Die Atmosphäre an diesem Ort war damals nicht aufregend und bestimmt nicht optimistisch. Man konnte noch die Trümmer nicht weit von dort sehen.

Das war vor 56 Jahren. Heute, 63 Jahre nach dem Anfang der ersten Phase der Verwirklichung des europäischen Integrationsprojektes sollten wir angeblich feiern und die Ode an die Freude singen. Das ist die offizielle, politisch korrekte Einstellung. Damit bin ich aber nicht einverstanden. Davon bin ich nicht überzeugt. Die heutige Europäische Union, die logische Verwirklichung dieses Projektes, hat sich als ein falscher Weg erwiesen, der zur Freiheit, Demokratie und freundlichen Zusammenarbeit der europäischen Nationen nicht führt. Die alten Träume wurden nicht realisiert. Die Europäische Union konnten wir als Vorbild nur im Vergleich mit unserer kommunistischen Ära akzeptieren.

Der Optimismus von damals ist seit langem vorbei. Nach ihrer grundsätzlichen Transformationen in Maastricht und Lissabon finden manche von uns mehrere Nachteile als Vorteile dieses, von oben organisiertem, das heißt nicht authentisch entstandenem europäischen Unifikationskonstruktes. Die Deutschen haben manchmal Probleme mit meiner Terminologie, mit meinem Begriff Unifikation (oder Unifizierung), den ich absichtlich benutze. Das, was wir erleben, ist kein Einigungsprojekt.

Mit meiner Terminologie möchte ich den fundamentalen Unterschied zwischen der ursprünglich geplanten Integration und der heutigen Unifikation klar und offensichtlich machen. Viele Menschen verstehen die Tiefe dieses Unterschiedes bis heute leider nicht.

Wie wir alle wissen, wird Deutschland in ein paar Stunden die formale (oder nominale) Präsidentschaft der Europäischen Union übernehmen. Aber nur die nominale Präsidentschaft. Für die Menschen in anderen, besonders kleineren EU Mitgliedstaaten hat Deutschland eine permanente EU Präsidentschaft. Sollten wir diesen Augenblick feiern? Zusammen mit der deutschen Regierung und mit allen EU Fellow Travelers? Ich bin nicht dabei.

Viele Deutsche wollen die substantielle Kritik der EU nicht hören. Sie konzentrieren ihre oberflächliche Kritik nur auf verschiedene Einzelheiten, auf Einzelne Probleme und Schwierigkeiten der EU, was aber eine falsche Perspektive ist. Deutschland ist kein Verlierer in der EU. Die Deutschen sind – in den Augen von Nichtdeutschen – die Sieger  des europäischen Integrationsprozesses und die Vorteile und Gewinne, die Deutschland daraus zieht, sind klar und undiskutabel.

Deutschland dominiert die wichtigen EU Entscheidungen. Deutschland herrscht über die EU Bürokratie. Deutschland profitiert von der – für Deutschland unterbewerteten – europäischen Währung. Auch das wirtschaftliche Gewicht Deutschlands spielt seine Rolle. Das ist die Realität, die niemand anzweifeln kann.

Deutschland spielt eine wichtige Rolle auch in den allmählichen Veränderungen des Konzeptes der europäischen Integration, in ihrer Vertiefung, Zentralisierung und De-Demokratisierung. Man kann sagen, dass Deutschland sein Konzept der europäischen Integration, der von der deutschen Geschichte, ausgeht, mit Erfolg nach Europa exportiert. Deutschland bildete lange Zeit seine Nation, wir – die Einwohner der individuellen EU Mitgliedstaaten – wollen aber in Europa etwas anderes. Wir wollen die bestmöglichste Zusammenarbeit der europäischen Staaten. Wir brauchen keine europäische Nation.

Mit solchen deutschen Initiativen habe ich meine unvergessliche persönliche Erfahrungen. Die heutige deutsche Präsidentschaft kommt 13 Jahren nach der vorhergehenden. Im Jahre 2007 war Deutschland außerordentlich aktiv und aktivistisch und hat die, in Frankreich und Holland abgelehnte, europäische Verfassung gerettet. Das Überschreiben des gut verständlichen und genau deshalb abgelehnten Textes der europäischen Verfassung in einen unleserlichen Text, der unter dem Namen Vertrag von Lissabon bekannt wurde, war ein Meisterstück von Angela Merkel und ihrer Mannschaft.

Die Unleserlichkeit verursachte, dass der Lissabon Vertrag, für welchen wir so viel zahlen, akzeptiert wurde. Ich war der letzte europäische Staatsoberhaupt, der nach einem langen Streit und enormen Druck im Inland und von Ausland diesen Vertrag unterzeichnete und damit den entscheidenden Schritt von Integration zur Unifikation Europas ermöglichte. Ich hatte leider nicht die notwendige Unterstützung bei uns zu Hause, die die Polen und die Ungaren zurzeit haben. Die fünfte Kolonne in der Tschechischen Republik hat damals meine Position so beschränkt, dass ich nicht die ausreichende Manöverfreiheit hatte.

Was sollen wir jetzt in der EU erwarten? Die spezielle Brautwerbung zwischen Deutschland und Frankreich über die südeuropäischen Schulden war vor ein paar Monaten für manche Europäer verdächtig. Der neue Plan von Ursula von der Leyen über die europäischen gemeinsamen Schulden, der so genannte Next Generation EU Plan, in Deutsch Aufbauplan, ist eine klare Gefährdung der Existenz der Nationalstaaten in Europa und der heutigen Form der europäischen Integration. Gemeinsame Schulden existierten – zum Trotz der „echten“ Europäer – bis heute nicht. Jetzt sollten diese Schulden endlich entstehen. Ich weiß nicht, wie lebendig und reif in Deutschland die Debatte zu diesem Thema ist, aber bei uns sagt die Mehrheit NEIN.

In Europa ist dieser Plan als ein Mechanismus zur Bewältigung der Konsequenzen der Corona Krise betrachtet, was aber absolut falsch ist. Das deutsche Wort „Aufbau“ zeigt (und verratet), dass die Absichten seiner Autoren ganz anders sind. Next Generation EU ist ein Plan für die Verwirklichung eines weiteren Schrittes der europäischen Unifikation und eine gefährliche Methode, die die Menschen überzeugen soll, dass dieser Schritt akzeptabel ist. Die gestrige, hoch in Frage gestellte und politisch missbrauchte Epidemie funktioniert als ein Vorwand diesen Plan anzunehmen. Es ist aber ein falscher Vorwand, weil die Corona-Epidemie demonstrierte, dass die supranationalen EU Strukturen –  zum Glück – handlungsunfähig sind. Diese Strukturen sollten keine weiteren Kompetenzen bekommen.

Unsere Aufgabe ist es, vor der weiteren Zentralisierung und De-Demokratisierung und vor dem wachsenden Supranationalismus in Europa zu warnen. Wir müssen für die Durchsetzung solcher Maßnahmen kämpfen, die zur mehr freiwilligen Kooperation zwischen den Nationalstaaten Europas und zur Beschränkung der Macht der EU Bürokratie führen.

Zum letzten Mal habe ich für das AfD Publikum in der Mitte Oktobers in Hamburg zum Thema der EU gesprochen. Ich habe dort gesagt, dass ich kein Feind Europas bin, dass ich nur Feind von Menschen bin, die die europäische Integration in der heutigen Form darstellen, verteidigen und weiter de-demokratisieren und damit unsere Freiheit einschränken.

Ich habe auch betont, dass ich die heutige Massenmigration, die ich – glaube ich berichtigt – Völkerwanderung nenne, schon lange Zeit als Bedrohung der europäischen Zivilisation und Kultur, als Bedrohung der Freiheit und Demokratie, und nicht zuletzt als Bedrohung der europäischen Prosperität bezeichne. Meine dortige – ein bisschen überraschende – Botschaft war, dass die heutige Massenmigration und ihre weitgehenden negativen Konsequenzen für die Zukunft der europäischen Gesellschaft nicht die Migranten darstellen, sondern die europäischen Politiker – an der Spitze mit den deutschen Politikern – welche diese Massenmigration ermöglichen.

Meine Rede in Hamburg war ein paar Wochen vor dem 30. Jahrestag unserer Samtrevolution, vor dem Fall des Kommunismus. Damals wollten wir nichts anderes als Freiheit, Demokratie, freie Marktwirtschaft, nationale Souveränität. Wir wollten das, was wir in der kommunistischen Ära nicht hatten.

Ich möchte auch explizit betonen, was wir nicht wollten. Wir wollten keinen “Sozialismus mit menschlichem Gesicht” (das war für uns die falsche Ideologie des Jahres 1968). Wir wollten keine Konvergenz von Kommunismus und Kapitalismus. Wir wollten keinen Dritten Weg. Wir wollten aber auch nicht die Welt, die für uns die Barrikaden in Paris und Berlin von 1968 darstellten. Dort haben wir die Wurzeln des heutigen Marasmus im Europa und im Westen gespürt.

Wir wollten Kapitalismus. Diesbezüglich fühlen die Menschen in den ehemaligen kommunistischen Ländern jetzt eine große Enttäuschung. Wir haben das Gefühl, dass wir jetzt zur damaligen Ära zurückkehren. Nach der Corona Episode kann man sogar sagen, dass wir nicht zurückgehen, sondern zurücklaufen. 

Die gefährlichen Veränderungen der Substanz der westlichen Gesellschaft in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts haben wir alle – wir in der damaligen Tschechoslowakei sondern auch die Menschen in Deutschland – wahrscheinlich nicht genügend begriffen. Der Strukturwandel der westlichen Gesellschaft war schon damals größer als wir uns im Moment des Falls des Kommunismus vorstellen konnten. Die schnelle politische und gesellschaftliche Entwicklung im Westen nach dem Fall des Kommunismus konnten wir damals nicht vorausahnen.

Die heutige Ära des Multikulturalismus, des Environmentalismus, des Genderismus und des Transnationalismus haben wir im November 1989 nicht erwartet. Die Verlogenheit und die Falschheit der heutigen politischen Korrektheit auch nicht. Und das war noch vor den radikalen Veränderungen in der Ära der Corona-Krise. Was wir jetzt erleben, ist ein riesiger Schritt zurück. Wir kehren zu der neuen Phase der Macht des Staates und der Unterdrückung des Marktes zurück.  Es ist ein radikaler Systemwandel, ein riesiger Schritt zurück.

Multikulturalismus und Förderung der Massenmigration, radikaler Klimaalarmismus, der die Wirtschaft und unser Lebensniveau untergräbt, Genderismus und Feminismus, Europäismus und Globalismus als Produkte vom Transnationalismus, und weitere modernen “Ismen” finde ich als seriöse Bedrohung der westlichen Gesellschaft.

Die wichtigste neue Entwicklung sehe ich in der massiven Offensive der Klimaalarmisten, in der evidenten und sichtbaren „greening“  Deutschlands und des ganzen Westeuropas. Die Klimaarlarmisten haben eine starke Offensive angefangen, während  die stille Mehrheit der normalen Menschen in der Defensive bleibt. Das ist ein großer und unverantwortlicher Fehler von uns allen. Das naive schwedische Mädchen belehrt die erwachsenen Politiker, Akademiker, Journalisten und Business People. Sie akzeptieren es und applaudieren ihr sogar.

Das ist nicht alles. Was wir in den letzten Wochen erleben – die, noch nie dagewesene Umschreibung der Geschichte und Vernichtung der Gedenkstätte und Statuen der wichtigen Persönlichkeiten unserer Nationen – ist eine stille Revolution, die uns vernichten wird. 

Ich hoffe, dass die AfD das alles so gut weiß wie ich, hoffentlich noch viel besser.

Václav Klaus, Bundestag, Berlin, 30. Juni 2020

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