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Deutsche Seiten, 21. 6. 2017
Herr Klaus auf einer internationalen Konferenz in Griechenland, kurz nach dem Brexit-Beschluss in Großbritannien, hat man Sie und Boris Johnson, den britischen Außenminister, als die beiden heutigen Hauptfeinde Europas bezeichnet. Bekennen Sie sich im Sinne der Anklage schuldig?
Das ausgerechnet wir zwei die Komplizen in diesem angeblichen Verbrechen sind, war mir bis dahin auch neu. Ich bin natürlich kein Feind Europas, ich bin nur ein Feind der Menschen, die die Europäische Union in ihrer heutigen Form repräsentieren. Sie wollen die Nationalstaaten liquidieren und den Kontinent entdemokratisieren. Sie wollen einen neuen europäischen Menschen schaffen. Solche Versuche gab es auch schon in der Vergangenheit. In diesem Land wissen Sie das ja. Frau Merkel und Herr Juncker wollen jetzt den Homo Bruxellarum, wie ich ihn nenne. Da sich dieses Geschöpf mit den Menschen aus den alten europäischen Ländern nicht so leicht verwirklichen lässt, brauchen sie die Migranten – ein bisschen vereinfachend gesagt, ist das die Situation.
Wird der Brexit daran etwas ändern?
Er hat es schon getan. Er hat gezeigt, dass nicht nur einzelne ‚Extremisten‘ wie Vaclav Klaus oder in Deutschland die Vertreter der AfD gegen die EU und ihre Irrationalität aufstehen. Das Gleiche hat nun über die Hälfte der Menschen in Großbritannien getan. Das war für uns etwas sehr Wichtiges.
Wäre es nicht noch wichtiger, dass andere Länder folgen?
Ich bin nicht sicher, ob es möglich ist, anderswo denselben Weg zu gehen. Großbritannien ist als Insel am Rande Kontinentaleuropas in einer Luxusposition. Die Tschechische Republik beispielsweise liegt im Herzen Europas und ist umschlossen von EU-Mitgliedsländern. Das ist eine völlig andere Situation. Eine radikale, gemeinsame Wende in Europa ist nötig, und Deutschland ist aus meiner Sicht das wichtigste Schlachtfeld. Hier und nicht in den kleineren Ländern wird der Konflikt über die Zukunft Europas entschieden.
Schlachtfeld? Das hört sich ein wenig beängstigend an? Welche Gruppen und Positionen treffen da aufeinander?
Man kann ohne Übertreibung von einem Krieg in Europa sprechen. Auf der einen Seite, und das ist meine Seite, stehen Freiheit, Demokratie, die traditionelle Familie und das in der Geschichte bewährte menschliche Benehmen. Weitere Schlagworte wären die Souveränität der europäischen Nationalstaaten, Patriotismus, Auslandsreisen und Auslandsaufenthalte statt Migration. Diese Seite ist relativ still, friedlich, höflich und zur Diskussion bereit.
Wohingegen die andere Seite …
Sie steht für Politische Korrektheit, Multikulturalismus, Human Rightismus, Feminismus, Genderismus und die Agressivität des Homosexualismus. Sie steht für Massenmigration, Unifizierung, Zentralisierung und Standardisierung Europas. Auch der Kulturmarxismus der Frankfurter Schule gehört dazu sowie Frau Merkel und die Herren Juncker und Schulz. Diese Seite ist arrogant, aggressiv und monologisch. Leider hat sie die lauteren Sprachrohre und die stärkere Artillerie zu Verfügung.
Mmh?
Sie schauen skeptisch. Aber so übersichtlich sind die Karten heute verteilt. Und diese Klarheit darf auch nie vernebelt werden. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob die Deutschen ihre Verantwortung in aller Tiefe und Breite sehen, ob sie die Schicksalhaftigkeit und Dringlichkeit dieses besonderen historischen Momentes erkennen, und ob sie sich damit so aufmerksam wie nötig beschäftigen.
Wie Sie selbst aber auch schon sagten, für die Menschen, die Freiheit, Demokratie, Patriotismus und die traditionelle Familie schätzen, ist es momentan schwer in der Öffentlichkeit, Gehör zu finden.
a, das ist leider richtig. Ich weiß auch nicht, ob die Mehrheit der Deutschen fähig ist, die enorme Manipulation und Indoktrinierung durch die heutigen europäischen Eliten zu durchschauen.
Fühlen Sie sich an die Zeiten des Kommunismus erinnert?
Ich benutze solche Vergleiche nicht so gerne. Die Sowjetunion habe ich zu ihrer Zeit kritisiert. Heute kritisiere ich die EU. Natürlich ist sie immer noch besser als die Sowjetunion, aber im Prinzip sind sich manche Mechanismen ähnlich. Das Niveau der Indoktrinierung ist wirklich vergleichbar – nicht mit dem in der stalinistischen Ära, aber mit dem im Spätkommunismus.
Wie würden Sie vor diesem Hintergrund die Wahlen in Deutschland bewerten?
Da ist die Situation derzeit für mich sehr enttäuschend. Den deutschen Eliten ist es gelungen, einen Quasistreit zwischen Angela Merkel und Martin Schulz zu inszenieren. Diese fiktive Auseinandersetzung wird wahrscheinlich den Wahlkampf dominieren. Ich hatte gehofft, dass zum ersten Mal seit Jahrzehnten die entscheidenden Themen der deutschen beziehungsweise europäischen Gesellschaft zur Debatte stünden. Ich hätte mir eine Konfrontation zwischen dem arroganten politische Establishment und den normalen Menschen gewünscht.
So schlimm es ist, vielleicht werden die blutigen Anschläge der radikalen Moslems mehr Menschen die Augen öffnen.
Wir bekommen diese schrecklichen Tragödien mittlerweile fast täglich in den Medien zu sehen. Ich hoffe sehr, dass es bald allen klar wird, dass diese Bilder und Nachrichten ein unvermeidlicher Bestandteil der Massenmigration sind. Der Terrorismus ist aber nur die Spitze des Eisberges. Die eigentliche Massenmigration ist die Tragödie. Ich nenne sie, glaube ich, ganz berechtigt, eine Völkerwanderung. Sie wird Europa vernichten. Sie bedroht unsere Zivilisation und Kultur, unsere Freiheit und Demokratie. Nicht zuletzt ist sie eine Bedrohung der europäischen Prosperität.
Sie machen uns schon wieder Angst, Herr Klaus.
Leider zu recht. Die Gefahr haben übrigens schon lange vor mir andere Leute erkannt und benannt. Vor ein paar Wochen habe ich einen 27 Jahre alten Essay von Umberto Eco gelesen.
Der italienische Philosoph und Schriftsteller, der im vergangenen Jahr verstorben ist.
Er warnte schon 1990 vor der Migration. Sie würde die ethnische Umgestaltung, eine unvorstellbare Änderung der Sitten und des Benehmens sowie eine unaufhaltsame Hybridisierung der Menschen in Europa zur Folge haben. Das wollte damals niemand hören.
Jetzt haben sie zusammen mit ihrem langjährigem Berater Jiří Weigl selbst ein Buch zum Thema vorgelegt. „Völkerwanderung: Kurze Erläuterung der aktuellen Migrationskrise“, heißt es. Was ist die Kernthese?
Meine Hauptbotschaft ist, dass die Massenmigration mit all ihren verheerenden Konsequenzen nicht die Migranten verursacht haben, sondern die europäischen Politiker. Genau genommen – und das muss man besonders hier in Deutschland laut sagen, auch wenn es ein politisch sehr unkorrektes Statement ist – waren es vor allem die deutschen Politiker. Sie haben die expliziten Einladungen ausgesprochen. Nur deshalb sind die Migranten da. Bei uns in Tschechien ist diese Erkenntnis übrigens längst nicht so weit vom medialen Mainstream entfernt wie bei Ihnen.
Gibt es einen Ausweg aus der Krise?
Wir brauchen nicht nur Reformen, sondern eine radikale Wende. Daran müssen wir in allen Ländern arbeiten. Wie gesagt, spielt Deutschland dabei eine besondere Rolle. Mit den alten EU-Eliten ist eine solche radikale Wende jedenfalls unmöglich. Sie sind ganz und gar von der Ideologie des Multikuturalismus durchdrungen.
Wie lange geben Sie denn der EU in ihrer jetzigen Form? Vielleicht werden andere strukturelle Probleme wie der Euro ihr ohnehin ein baldiges Ende bereiten.
Wissen Sie, in der kommunistischen Ära träumten wir permanent vom Ende des Systems. Immer gab es irgendwelche Ereignisse, die, so glaubte wir, darauf hindeuteten würden. Trotzdem existierte der Kommunismus 70 Jahre lang. Da möchte ich zur EU keine Prognosen abgeben. Aber es stimmt. Der Euro und Schengen …
… also das Schengener Abkommen, mit dem 1985 die Kontrollen an den Binnengrenzen der EU abgeschafft wurden
Diese beiden Dinge haben die heutige Tragödie Europas verursacht. Nehmen sie den Euro. Sicher kann man ein paar Länder in einer Währungsunion zusammenbringen, aber nicht 19 Staaten, die absolut heterogen sind und fast nichts gemeinsam haben. Neulich hatte ich ein Treffen mit 300 Gymnasiasten aus Pilsen. Ich habe ihnen erklärt, dass der Euro wie ein Versuch ist, ein Auto zu bauen, dass aus den Einzeleilen eines Mercedes und eines Trabants besteht. Das kann nicht funktionieren, und das verstehen auch alle mit Ausnahme ihrer Bundeskanzler. Vor 20 Jahren habe ich stundenlang mit Helmut Kohl über dieses Thema gesprochen. Ich glaube, er wollte einfach nicht begreifen. Für ihn war der Euro ein politisches Projekt, die wirtschaftlichen Folgen dagegen absolut irrelevant.
Denken Sie manchmal mit Bedauern an die ursprüngliche Vision der europäischen Integration zurück?
Ja, das tue ich. Es ging darum, eine Wiederholung des katastrophalen Zweiten Weltkrieges zu verhindern und Deutschland an Europa zu binden. Die Werte der Freiheit und der Demokratie sollten gefestigt werden. Man wollte Wohlstand schaffen mit Hilfe eines gemeinsamen Marktes und durch die Beseitigung von Handelsbarrieren. Das war und ist eine wundervolle Idee.
Frank Horns und Manuel Ruoff, Preußische Allgemeine Zeitung, 16. Juni 2017.
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