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Die Thesen zur Rede auf dem Deutsch-Tschechischen Wirtschaftsforum in Dortmund

Deutsche Seiten, 11. 11. 2011

Sehr geehrte Damen und Herren,

es freut mich, dass ich die angenehme Gelegenheit habe, bei meinem heutigen Besuch in der Stadt Dortmund dieses Deutsch-Tschechische Wirtschaftsforum besuchen zu dürfen. Vielen Dank für die Einladung.

Ich bin sehr froh, dass die wirtschaftlichen Kontakte zwischen unseren beiden Nachbarstaaten, und auch zwischen Nordrhein-Westfalen und Tschechien so intensiv sind. Heute Morgen, auf meinem Flug aus Prag nach Düsseldorf habe ich viele tschechische Geschäftsleute gesehen – manche sitzen jetzt unter Ihnen – was für mich ein Beweis ist, dass unsere Beziehungen auch in dieser Zeit, die in Europa voll von Unsicherheiten ist, eine positive Entwicklung erleben.

Meine Damen und Herren,

wie Sie wahrscheinlich wissen, ist Deutschland für uns seit Jahren der Wirtschaftspartner Nummer eins, und zwar mit ganz großem Abstand. Der Anteil Deutschlands an unserem Außenhandel ist 30 %, der Anteil der Slowakei als unserem zweitwichtigsten Handelspartner 7 %.

Auch die Struktur des Außenhandels ist relativ günstig. Fast 60 % des gesamten Außenhandels mit ihrem Land machen Autos, Elektronik und Maschinen. Die Rohstoffausfuhr ist fast irrelevant. Deutschland ist bei uns auch der größte Investor.

Die Entwicklung ist dynamisch und die Daten des Wachstums unseres Außenhandels sind – mit der Ausnahme des Jahres 2009 – positiv.  Im Jahre 2009 sank der deutsch-tschechische Handelsumsatz um 18 %, aber im letzten Jahre haben sich sowohl die deutsche, als auch die tschechische Wirtschaft erholt, und wir haben wieder positive Zahlen im gemeinsamen Handel gesehen. Ähnliche Entwicklung war auch in der ersten Jahreshälfte 2011.

Nordrhein-Westfalen ist für uns einer der wichtigsten Handelspartner. Viele Nordrhein-Westfälische Unternehmen haben ihre Tochtergesellschaften oder Filialen bei uns und mehr als 40 tschechische Unternehmen haben ihre Tochterfirmen oder Vertretungen in ihrem Bundesland. Der Anteil Nordrhein-Westfalens an unserem gemeinsamen Außenhandel mit Deutschland ist mit ungefähr 14 % nach Bayern und Baden-Württemberg der drittgrößte. Unser Warenaustausch mit ihrem Bundesland ist mehr als zweimal so groß, wie der mit den gesamten Vereinigten Staaten.

Das Unbekannte ist die zukünftige Entwicklung der Wirtschaft in Europa, die uns große Sorgen macht. Die Prognosen sind nicht optimistisch, meine Einschätzungen auch nicht.

Über die akute Euro-Krise werde ich hier heute nicht reden. Darüber reden jetzt, mit unverzeihlicher Verspätung, fast alle. Die europäische gemeinsame Währung – als eine ganz falsche politische Idee – habe ich schon in den 90er Jahren kritisiert. Ich wusste, dass die heutigen Probleme früher oder später kommen mussten. Sie waren ganz unvermeidbar. Die Eurozone von 17 EU Staaten ist keine optimale Währungszone und deshalb sind die Kosten für ihre Erhaltung enorm hoch. Sie alle wissen sehr gut, dass auch die nichtoptimale Währungszone in Deutschland nach der Wiedervereinigung sehr teuer war (und ist). Die höchsten Kosten der heutigen Eurozone sind leider nicht die sichtbare und vieldiskutierte Fiskaltransfers nach Griechenland und anderen Ländern, sondern die langfristige Stagnation der europäischen Wirtschaft, die die ganz unnötige Währungsunion verursacht hat.

Es ist absolut notwendig einen radikalen Systemwechsel in Europa durchzuführen, und je früher desto besser. Das können wir aber von den schon fast wöchentlichen Gipfeltreffen der europäischen Politiker nicht erwarten. Dort bemühen sie sich akuten Brand zu löschen, damit er nicht die Nachbarhäuser trifft, aber wir – die Einwohner Europas und Bürger der einzelnen europäischen Staaten – brauchen etwas ganz anderes. Wir brauchen eine fundamentale Transformation des europäischen wirtschaftlichen und sozialen Systems und einen radikalen Wechsel des europäischen Integrationsmodels. Die Bereitschaft dazu sehe ich leider nicht.

Aber das zu diskutieren wäre schon eine andere Rede, nicht ein Grußwort an ihrem heutigen Forum. In diesem Zusammenhang möchte ich nur auf mein Buch „Europa?“ hinweisen, das anfangs dieses Jahres in deutscher Sprache in Nürnberg veröffentlicht wurde. [1] Ich hoffe, dass das Buch auch hier zur Verfügung ist.

Ich wünsche dem heutigen Wirtschaftsforum Erfolg,  gute Gespräche und viele fruchtbare Ergebnisse.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Václav Klaus, Grußwort, Deutsch-Tschechisches Wirtschaftsforum, Dortmund, 11. November 2011

[1] Václav Klaus, „Europa? Ausgewählte Reden, Vorträge und Texte des Präsidenten der Tschechischen Republik 2005-2010.“ Context Medien und Verlag, Nürnberg, 2011.

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