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Deutsche Seiten, 20. 11. 2007
Herr Präsident, in diesen Tagen erscheint in Deutschland Ihr Buch „Blauer Planet in grünen Fesseln“. Welches Publikum möchten Sie damit ansprechen?
Normale Bürger aber auch Politiker, weil Politiker in vielen Ländern der Welt darin verstrickt sind. Fast würde ich sagen, in Deutschland noch stärker als anderswo.
Welche Umweltschutzpolitik würden Sie denn bejahen?
Ein anständiger, demütiger Umgang mit der Natur ist, glaube ich, eine grundlegende menschliche Eigenschaft und sollte es jemandem nicht in die Wiege gelegt werden, dann muss man es ihm vom Außen verdeutlichen: Reden wir also über Gesetze, die Autowäsche mitten auf der Straße oder Abladen von Ölkanistern in die Gewässer verbieten. Das ist unerlässlich. Ich allerdings habe ein Problem mit diesen oberschlauen Aposteln, die uns sagen wollen, was mit der Natur zu tun ist. Damit kann ich mich aus tausend Gründen nicht abfinden und der wichtigste davon ist, dass ich zu lange in einer Welt lebte, in der mir andere Apostel erzählten, was gut für mich ist. Ich habe mich schon damals darüber empört.
Sind Sie also gegen selbsternannten Messias?
Auch so kann man es sagen. Sehen Sie, menschliches Tun beinhaltet immer ein Umgehen mit der Natur. Ohne den Menschen wäre die Natur unberührt, aber sie würde völlig anderes aussehen. Mit den Verboten, was Menschen dürfen und nicht dürfen, müssen wir jedoch sehr vorsichtig sein. Wo sollen wir denn den Ausgangspunkt hernehmen, von dem wir sagen können, dies ist der natürliche Stand der Dinge und alles, was darüber hinausgeht, ist schon menschliches Verbrechen? Das ist doch gar nicht möglich, aber genauso denken leider manche.
Sie sprechen in Ihrem Buch über „Environmentalisten“, die die Menschen in einen Dauerzustand von Angst versetzen, um ihre Ziele durchzusetzen, die Freiheit zu beschneiden und die Welt zu verändern. Wo sehen Sie konkrete Signale solcher Ziele und wer sind diese Environmentalisten?
Ich halte es für wichtig, das Wort Environmentalisten zu benutzen, damit wir zwischen ihnen und der Ökologie als Wissenschaft unterscheiden können. Diese Wissenschaft zweifle ich überhaupt nicht an. Kein Ökologe in diesem engeren Sinne bedroht die Freiheit. Al Gore, um konkret zu sein, tut es jedoch, weil er menschliche Befürchtungen ausnutzt, um seine Ansichten über menschliche Gesellschaft durchzusetzen. Daher hat mein Buch den Untertitel: „Was ist bedroht, Klima oder Freiheit?“
Unter den häufigen Zitaten in Ihrem Buch sind einige vom tschechischen Industrieminister Říman. Haben Sie auch auf der deutschen politischen Szene eine geistesverwandte Persönlichkeit?
Erstens: Ich zitiere, um anzudeuten, dass ich mit meinen Ansichten nicht alleine dastehe. Ich wusste, dass die Gegengruppierung feindlich gestimmt ist, daher war die Abschirmung durch Zitate meine Absicht. Ob ich geistesverwandte Persönlichkeiten in Deutschland oder Europa habe, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Ich würde aber froh sein, wenn es diese Leute von sich selber laut sagen würden. Damit ich ihre Lage nicht kompliziere, wenn ich verraten würde, dass der oder jener mir – wie es mir nach meiner Rede in der UNO passierte- sagt: „Vielen Dank, es war notwendig, dass es jemand aussprach“. Selber auszusprechen wollen sie es aber nicht, weil das Diktat der „politischen Korrektheit“ eine ernsthafte Diskussion darüber dämpft.
Wer bekennt sich denn öffentlich zu Ihnen?
Immer wieder wird behauptet, 99% sind für Klimaschutz und 1% dagegen. Außer den in meinem Buch zitierten Petitionen und Erklärungen bekam ich aber beispielsweise gerade eben die Kopie eines Aufrufs aus den USA an den amerikanischen Präsidenten, weder das Kjoto-Protokoll noch ähnliche andere Entwürfe zu unterschreiben, weil es nicht genügend Beweise dafür gibt. Bereits 19 000 amerikanische Wissenschaftler haben diesen Aufruf unterzeichnet. Berechtigt dazu sind lediglich Leute mit einem Universitätsabschluss in der Physik. Damit will ich sagen, dass der angebliche wissenschaftliche Konsensus über Klimaschutz ein Mythos ist.
Auch Kanzlerin Merkel hat Physik studiert. Konnten Sie mit ihr über Ihre Ansichten sprechen?
Ja, aber nur flüchtig. Zwar haben wir zusammen stundenlang diskutiert, meistens jedoch über die EU. (Klaus lächelt:) Da Ihr Anliegen war, die europäische Verfassung durchzubringen, ging sie wohl während unserer Gespräche auch friedfertiger mit diesen meinen Initiativen um.
Wie erklären Sie sich, dass andere Politiker Ihre Ansichten meistens nicht teilen?
Für einen Politiker ist es verlockend, so ein Thema anzupacken. Wenn er ohne Skrupel ist, muss er auf dieser Welle reiten. Es ist wie Religion, es betrifft nichts von hier und jetzt, was man nachprüfen und beweisen kann. Wenn sie ein Gesetz über Gewässerschutz durchbringen, können sie etwas bewirken. Sie können feststellen, dass die Wasserqualität in bayerischen Seen und Flüssen viel besser ist als vor 20 Jahren. Und was dann? Dagegen ist Klimaschutz mit dem Ausblick bis zum Jahre 2100 etwas völlig anderes. Es ist die ideale Flucht nach vorne.
In Ihrem Buch zitieren Sie Texte von Peter Staudenmeier und Janet Biehl, die sich mit den grünen Wurzeln des deutschen Nationalsozialismus befassen. Befürchten Sie, heutiges Deutschland könnte ökologisch-autoritär werden?
Ich hatte primär keine Ambition, die Lage in Deutschland anzusprechen. Es waren für mich lediglich interessante Beispiele. Warnend finde ich dennoch, dass die unglaublichen Erklärungen der Nazi-Größen aus den 30.Jahren so klingeln, als würden sie aus dem heutigen Mund eines der bedeutenden Environmentalisten sein. Meiner Generation öffneten in den 60-er Jahren die Analysen der Nazizeit Augen über kommunistische Ideologie, die bei uns damals nicht kritisch untersucht werden durfte. Kommunismus verursacht heute keinen „Aufstand der Massen“ mehr, aber Environmentalismus ist für manche verführerisch.
Ihre Ansichten haben aber Konsequenzen. Eins davon ist Ihre Fürsprache für die Kernenergie. Befürchten Sie nicht eine Verschlechterung der Beziehungen Tschechiens mit Österreich und Bayern?
Mein Buch handelt nicht über Kernkraft. Es polemisiert lediglich damit, dass es angeblich möglich ist, nur mit Sonnen- und Windkraft und ohne klassische Energiequellen auszukommen. Den Glauben an die Rettung durch die Windmühlen am Rhein halte ich für kindisch. Dafür schäme ich mich nicht und sage es laut. Beispielsweise im vergangenen Jahr auf dem EU-Energiegipfel in Finnland. Neben mir saß der damalige französische Präsident Chirac und sagte: „Ich stimme Ihnen hundertprozentig zu. Es ist gut, dass Sie es sagten.“ Womöglich wird es für einen oder anderen deutschen Leser meines Buches neu sein, aber für mich ist es eine unschuldige Randbemerkung. Ich war doch als Regierungschef seinerzeit für die Fertigstellung von Temelín verantwortlich.
In Valencia tagt gerade der Intergovernmental Panel on Climate Change um wissenschaftliche Unterlagen für die Konferenz auf Bali zu sammeln. Meinen Sie nicht, dass dort an der vorherrschenden Theorie über den durch den Menschen verursachten Klimawandel auch Zweifel aufkommen könnten?
Das glaube ich nicht. Dazu ist schon allzu viel durch den einseitigen Druck gewisser Leute beeinflusst. Einem Ozendampfer können sie auch nicht auf 500 Metern stoppen. Der fährt noch weitere 15 Kilometer.
Was halten sie also von Konferenzen auf Valencia oder Bali?
Ich als akademisch denkender Mensch würde mich auf so einer Konferenz lediglich mit dem Ausgangspunkt beschäftigen, in wie fern wurde Ende 2007, zehn Jahre nach Kjoto, dieses Protokoll erfüllt. Sonst lebe ich im Irrenhaus. Oder ich lebe so wie im Kommunismus. Dort haben kommunistische Bosse auch große Ziele ins Auge gefasst, ohne sich je darüber zu kümmern, ob sie erfüllt werden. Sie beriefen lediglich einen neuen Kongress mit noch größeren Zielen. Tatsache ist doch, dass das Protokoll von Kjoto mit Ausnahme des kleinen Luxemburg von keinem hochentwickelten Land der Welt erfüllt wird. Paradoxer Weise erfüllen es nur die postkommunistischen Länder, weil ihre Industrieproduktion nach der Wende um ein Drittel zurückging. Sie durchmachten schlagartig das, was im Westeuropa ein Jahrzehnte langer Prozess war. Wer das den Wählern in Bayern ernsthaft empfehlen will, soll es laut sagen.
Aber es gibt doch den Handel mit CO2 Emissionen?
Dieser Handel steht und fällt mit der Vorstellung, dass CO2 Ausstoß eine große Gefahr für Menschheit ist und bekämpft werden muss. Das glaube ich nicht. Außerdem finde ich den ganzen Gedanken, dass wer reich ist, mehr CO2 ableiten kann als ein Armer, menschlich sehr problematisch. Ein amerikanischer Autor verglich es einmal mit Ablässen im Mittelalter: wer reich ist, kauft sich reines Gewissen und fährt sein Benzin verschlingendes Schlitten mit dem Aufkleber: „I am CO2 neutral“. So was widerstrebt mir. Immer wieder kommen wir auf den Punkt, dass jemand wissen will, wie viel von diesen Ablässen herauszugeben ist. Al Gore weiß es. Damit aber wird auch der Preis festgesetzt: bei niedriger Anzahl wird der Preis enorm. Ein allzu menschliches Projekt.
Wo sehen Sie also die Gefahren?
Für wirklich gefährlich halte ich zum Beispiel in diesem Zusammenhang die massive Abkehr von der herkömmlichen Felderbebauung und die daraus folgende Preiserhöhung von Lebensmitteln. Das ist für mich so eine unglaubliche Attacke auf Menschen in den ärmeren Regionen wie bei uns oder in der Dritten Welt, dass ich nicht weiß, wie Menschen wie Al Gore ruhig schlafen können.
Ihr Buch werden unsere Leser in Euro kaufen können und für diese Währung bekommen Sie, wenn sie über die Grenze nach Tschechien fahren, immer weniger Kronen. Der steigende Wechselkurs der Krone beunruhigt ebenfalls tschechische Exporteure. Ist es doch nicht an der Zeit, Euro in ihrem Land einzuführen?
Ihre Frage definiert genau, dass die Euroeinführung für einen günstig und für anderen eben ungünstig wäre. Lassen wir die Krone ihren richtigen Wert selbst finden. Die radikale Entwicklung der letzten Jahre bestätigt mir nur, dass es ein tragischer Fehler gewesen wäre, Krone auf Euro zu fixieren.
Ludmila Rakusan, Passauer Neue Presse, 16.11. 2007
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